Die Energiewende wird zunehmend als strukturrelevant in der Transformation von Regionen erkannt. Insbesondere von fossiler Energiegewinnung oder energieintensiver Produktion geprägte Regionen müssen hierzu sektorenübergreifende energetische Systeme und räumliche Kulissen entwickeln, die über die bisher in der Öffentlichkeit primär wahrgenommene ‚Selbstversorgung‘ im Stromsektor weit hinausgehen. Die Verfügbarkeit klimaneutraler Energieversorgung rückt als wirtschaftlicher Standortvorteil auch in die öffentlichen Debatten (‚Tesla-Effekt‘, Batterieherstellung, Intel-Ansiedlung).
Klimaschutz, Strukturwandel und internationale Wettbewerbsfähigkeit erfordern eine Beschleunigung der Transformation des Energiesektors. Diese Beschleunigung kann nachhaltig nur gelingen, wenn die demokratische Grundstruktur nicht durch negative Narrative geschwächt, sondern durch positive Identifikation, Verantwortungsübernahme und Beteiligung gestärkt wird. Die aktuelle Planungskultur sieht zwar entsprechend demokratische Beteiligungsmöglichkeiten vor. Sie begünstigt dabei jedoch ungewollt negative Narrative: In Aufstellungsverfahren zu Regional- und Flächennutzungsplänen können Bürger:innen in den formellen Öffentlichkeitsbeteiligungen zwar individuelle "Einwendungen" vorbringen. Nicht eingebracht werden können bisher dagegen Zustimmungen und positive Gestaltungskonzepte, die aus der Bürgerschaft heraus in einem kollektiv legitimierten, kommunikativen Prozess entwickelt sind. Entsprechend können in der behördeninternen Abwägung negativ abwehrende, nicht aber positiv gestaltende Argumente berücksichtigt werden; keine gesamträumlichen Konzepte, sondern nur partikulare Belange und Interessen. Der Abwägungsprozess fördert damit unbeabsichtigt negative Emotionen bei Betroffenen, negative Narrative können sich verfestigen und soziale Repräsentation der Energiewende überproportional definieren, negative soziale Normen suggerieren. Bisher ist hiervon insbesondere der Windenergieausbau betroffen, weitere Konfliktfelder zeichnen sich ab, sind mit zunehmender Intensität der Energiewende und der mit ihr verbunden Transformation zu erwarten.
Durch die formellen Einwendungen der Bürgerbeteiligung bleiben positive Beiträge für die Begründung von sogenannten 'weichen' Abwägungskriterien und -entscheidungen sowie gesamträumlichen Planungskonzepten überwiegend unberücksichtigt. Die daraus resultierende Schwäche der Konzepte ist ein häufiger Grund für die gerichtliche Aufhebung von Regional- und Flächennutzungsplänen und ein erheblicher Faktor bei der Verzögerung der Energiewende und Transformation von Regionen.
Das interdisziplinäre Projektteam setzt sich neben der Psychologie zusammen aus Landschaftsarchitekt:innen der Technischen Universität München (TUM) und Ethnologinnen des Zentrums für Interdisziplinäre Regionalstudien der MLU Halle-Wittenberg. Übergeordnetes Ziel ist es, übertragbare Handlungsoptionen für die Beschleunigung der Energiewende und regionale Transformationsprozesse abzuleiten. Dazu werden vier Teilziele verfolgt. Es werden:
a) Akzeptanzfaktoren regionaler Energiewendeprojekte vertiefend erfasst und begleitende Narrative analysiert sowie Standort- und Strukturkriterien in ganzheitliche, lesbare Raumkulissen und -bilder übersetzt, um kommunikative Ansatzpunkte abzuleiten,
b) sozioökonomische Effekte der Energiewende in Regionen des Strukturwandels, regionaler Rendite sowie finanziellen Beteiligungsmöglichkeiten und deren Akzeptanzrelevanz analysiert,
c) Ansätze für eine gestaltende Einbindung von Bürger:innen in informellen Planungsverfahren entwickelt und umgesetzt, die begleitend zu den formellen Verfahren der Planerstellung angelegt werden und durch Konfliktrahmung und kommunikatives Handeln erheblich zu einer Planungssicherheit und -beschleunigung beitragen können,
d) der Beitrag der Dialoge und Bürgerkonzepte zur Entwicklung positiver Narrative und Wahrnehmungen, sozialer Normen, Einstellungen und Handlungsbereitschaft zur regionalen Transformation für die Energiewende evaluiert.